Ein Ur-Nilpferd? Prähistorisches Säugetier entdeckt
Neu entdeckter Säugetier-Urahn – Lebensweise wie ein Nilpferd?
Die Welt vor den Dinosauriern gehörte den frühen Vorläufern der Säugetiere, die
äußerlich eher wie Reptilien wirkten. Eine neu entdeckte Gattung aus Frankreich
wurde in deutsch-französischer Kooperation ausgegraben und erforscht. Die
versteinerten Knochen des über 3,5 Meter langen Fleischbergs lieferten erst auf den
zweiten Blick verborgene Hinweise auf ein Leben zwischen Wasser und Land. Nach
jahrelanger Forschung erschien im Juli 2022 die von vielen Fachleuten erwartete
wissenschaftliche Studie.
Es begann 2001 mit geologisch-paläoklimatologischen Untersuchungen im
südfranzösischen Lodève-Becken. Die Rote Sandsteine und Tonschichten erzählen
Professor Jörg W. Schneider von der TU Bergakademie Freiberg viel über die Zeit des
Perm, vor ungefähr 265 Millionen Jahren: In damals tropischer Lage war das Gebiet
abwechselnd von Überflutungen und starken Dürreperioden geprägt. In einem
felsigen Bachbett stolperte der Geologe dann über auallend große versteinerte
Knochen.
In den folgenden Sommern wurde der betonzähe Sandstein Stück für Stück
abgetragen. Die Leitung des deutsch-französischen Grabungsteams hatte Dr. Ralf
Werneburg, Direktor des Naturhistorischen Museums auf Schloss Bertholdsburg im
thüringischen Schleusingen. Die großen Knochen, darunter Rippen von 60 Zentimeter
Länge, ein 50 Zentimeter hohes Schulterblatt und 35 Zentimeter lange Oberschenkel
gehörten einem Caseiden. Diese Gruppe stellt den primitivsten Seitenzweig der
Säugetier-Stammgruppe dar. Äußerlich wirken Caseiden reptilienhaft, wie zu dick
geratene Echsen mit Minikopf. Diese Gestalt ist typisch für einige der frühesten
Pflanzenfresser der Evolutionsgeschichte: Das kurze Maul schob beständig
unzerkaute Blätter nach, die im ausladenden Verdauungstrakt allmählich vergärt
wurden.
Dr. Frederik Spindler, wissenschaftlicher Leiter am Dinosaurier Museum Altmühltal,
ordnete die anatomischen Erkenntnisse in eine Stammbaumanalyse ein. Das ca. 3,6
Meter lange Tier stellt eine bislang unbekannte Spezies dar, Lalieudorhynchus gandi.
Die vielleicht bedeutendste Entdeckung gelang jedoch erst durch eine
Knochenprobe. Bei Lalieudorhynchus trägt das Knochengewebe Züge einer
Osteoporose, ist schwammartig und nicht allzu stabil. Offenbar wurde das
Körpergewicht von einigen hundert Kilogramm zeitweise von Wasser getragen. Damit
bestätigen die Forscher eine neuere Hypothese, nach welcher die Caseiden die ersten
„Urzeit-Flusspferde“ gewesen seien.
Bild zur Meldung: Rekonstruktion des Urzeit-Flusspferdes (Bild: F. Spindler)